Vor der Grenze teilt sich Straße zu den zwei Grenzübergängen: den verrufenen Übergang bei Rosso (Hauptstrecke, LKWs, Fähre, Abzocke) und dem bei Reisenden beliebteren Übergang bei Diama (Piste, Brücke/Damm). Wir peilen natürlich Diama an, da die Piste jetzt trocken sein müsste. Ein paar Tage zuvor hatte es geregnet und wir haben Bilder von schweizer Motorradfahrern gesehen, die sich da eingraben haben und sogar die Schutzbleche demontieren mussten, um die Räder frei zu bekommen. Das Pech haben wir nicht und haben eine trockene, harte, teilweise Waschbrett, mit tiefen Gräben und Löchern durchzogene Piste vor uns.
Große LKW sehen wir nicht, aber wie manch andere Fahrzeuge das so meistern, ist uns ein Rätsel.
Viel Zeit zum links und rechts schauen hier direkt am Senegalfluss bleibt nicht, aber in den beidseits angrenzenden Sumpfgebieten tummeln sich richtig große (Warzen?)Schweine, Vögel, Esel, Kühe… und kurz vor mir flitzt auch ein richtig großer Leguan o.ä. über die Straße.
Gegen 7:45 brechen wir in Nuakschott vom Hotel auf.
Nochmal schnell getankt und auf Richtung Süden 🙂
Doch 25 km südlich Nuakschott wird unsere Fahrt gleich mal wieder beendet: Beim Wiederanlassen nach einer Polizeikontrolle macht mein Motorrad noch einen kleinen Rucker und dann bricht die Bordspannung ein. Da stehen wir nun erst mal blöd da so halb in der Wüste. Aber heute ist es ja gsd nicht so heiß: nur 41 Grad gegenüber gestern 42 Grad im Schatten 😁 Nur dass es hier keinen Schatten gibt 🙄
Aber da wir 2 baugleiche Motorräder haben und auch ein Multimeter, können wir das Problem schnell eingrenzen: meine Batterie ist tot, bzw. eine Zelle. Und mit 10V geht nix mehr. Aber Unverhofft kommt oft: von einer Gruppe französischer Motorradfahrer bekommen wir die Nummer eines sehr hilfsbereiten Franzosen aus Nuakschott. Dank Handy, WhatsApp, Fotos und Standort schicken (gepriesen sei die Neuzeit) ist er eine Stunde später mit einer neuen Batterie bei uns. Krass, ich habe uns schon 2 Tage in Nuakschott bei der Batteriesuche gesehen, evtl. Hilfe vom ADAC und so…
Die Batterie ist allerdings etwas zu groß und so improvisieren wir african free style: schräg reingesetzt und mit Spanngummis fixiert, geht es nach nur zweieinhalb Stunden Verzögerung weiter Richtung senegalesische Grenze.
Nouakchott oder auch Nuakschott ist die Hauptstadt und mit Abstand größte Stadt Mauretaniens. Sie liegt direkt an der Atlantikküste.
Wir beschließen, heute eine Fahrpause einzulegen um ein paar Dinge zu reparieren und ein paar Sachen zu erledigen – allem voran Bargeldbeschaffung! Moctar hilft uns wieder, ruft seinen Kumpel an und der läuft mit uns durch die Stadt. Als erstes zu einer großen französischen Bankfiliale, wo wir auch problemlos Bargeld abheben können. Wir decken uns kräftig ein😁Weiter geht’s mit der Suche nach Schuhkleber, Textmarker und dem (erfolglosen) Versuch, für die GoPro ein neues Schutzglas zu bekommen.
Und die Hitze macht uns ganz schön zu schaffen:
Zurück im Hotel will der Chef gleich Bares für den Verlängerungstag sehen. Diesmal sind wir vorbereitet und können in der Landeswährung bezahlen. Auch diesmal gibt es keinerlei Quittung, geschweige denn eine Rechnung o.ä. Geschäfte per Handschlag halt.
Ein kurzer Check der Motorräder zeigt: meine gute alte Transalp kommt wohl doch langsam in die Jahre. 100.000km sind für so eine kleine Maschine schon eine stolze Laufleistung. Sie leidet unter einer leichten Öl-Inkontinenz und ich hoffe, sie hält die Strapaze bis zurück nach Hause aus.
Nuakschott selbst hat aus touristischer Sicht nichts zu bieten. Deshalb an dieser Stelle nur mal dieses beispielhafte Foto in der Nähe unseres Hotels:
Sand überall auf den Straßen und Fußwegen (so sie existieren oder nicht zweckentfremdet werden). Eine Altstadt (Medina) gibt es leider nicht. Nuakschott ist eine relativ junge Stadt und wurde ursprünglich nur als Verwaltungszentrum gegründet.
Etwas Sehenswertes gibt hier aber doch: die Fahrzeuge. Ich habe ja schon in manchem Land alte PKWs, vor allem Mercedes, gesehen, aber was hier rumfährt, schießt echt den Vogel ab: auf dem letzten Loch pfeifend, keinerlei Leuchten, unterschiedliche und stark verrostete Blechteile, keinerlei Innenverkleidung, unterschiedlich große!! Räder… Aber sie fahren! Echt unglaublich 😱
Nach allem bisher Gesehenen und Erlebten kann ich sagen: Mauretanien wird wohl nicht mein Lieblings-Reiseland werden😜
Gegen 20 Uhr kommen wir in Nuakschott an, nachdem wir die 6! schon erwähnten Polizeikontrollen kurz vor der Stadt passiert haben. Wir schauen dann nach Unterkünften…
… und fahren das Casablu Hotel an, dass wir auch in booking.com gefunden hatten und wo auch ein Parkplatz und Kreditkartenzahlung erwähnt war. Lt. Rezeptionistin, die leider kein Wort Englisch versteht, gibt es auch Zimmer und wir könnten auch mit Kreditkarte zahlen. Aber sie ruft mal vorsichtshalber den Chef an. Der kommt dann auch gleich nach ein paar Minuten angefahren. Der Preis (umgerechnet rund 90 Euro), den wir per Kreditkarte bezahlen sollen, liegt allerdings deutlich über den 60 Euro, die ich per booking.com bezahlen müsste. Darauf hingewiesen meint er nur, dann solle ich doch dort buchen, weil er es wohl für einen Bluff hält. Ich buche dann und er ist nicht so erfreut, als Sekunden später die Reservierung auf seinem Rechner erscheint.Er rächt sich aber, in dem er meint, Kartenzahlung gehe jetzt doch nicht, keine Verbindung… Wir zeigen ihm zwar, dass wir seine Lüge durchschauen, müssen aber trotzdem zähneknirschend 60 Euro in bar an ihn abdrücken, da wir noch kein einheimisches Bargeld haben und er sofort Geld sehen will.
Das Zimmer ist ganz ok, abgesehen von den üblichen Kleinigkeiten: flackernde oder gar nicht funktionierende Lichter, kaputte Schranktüren, fehlende Handtücher organisieren…
Ein kleiner Lichtblick: der allround-Security-Mädchen-für-alles-Student Moctar ist super nett, hilfsbereit, spricht Englisch, passt auf unsere Motorräder auf, besorgt gleich mal 5 Flaschen Wasser für die dehydrierten Motorradfahrer, empfiehlt uns ein Restaurant fürs Abendessen und begleitet uns sogar ein Stück, damit wir es auch finden. An ihm sollte sich sein Boss mal ein Beispiel nehmen 😉
Unterkünfte sind hier außerhalb der Hauptstadt sehr rar. Es sind ja auch nur endlose Straßen durch die Wüste, unterbrochen von kleinen – ich nenne es mal – Truckstopps: ein paar Hütten, ein paar Lädchen, eine Tankstelle…
Kurz vor Sonnenuntergang halt wir an einem „Hotel“: ein paar gemauerte, kleine (zwischen 3×3 und 4x4m), niedrige, düstere (kein Strom) „Bungalows“ mit Matratzen auf der Erde, die – sagen wir mal netterweise – schon bessere Zeiten gesehen haben. Ich meine ja nicht so pingelig zu sein, aber dieses Etablissement ist selbst mit eigenem Schlafsack noch sehr harter Tobak. Auf meine Frage nach einer Wasch- oder Duschmöglichkeit werde ich zum Brunnen geführt und mir Wassereimer präsentiert. Ich stelle mir dann vor, wie ich hier nackt am Brunnen stehe und mich nach dem Einseifen mit eimerweise Wasser übergieße und finde, das wäre hier wahrscheinlich unpassend.
Wir beschließen wieder besseres Wissen in der Dunkelheit weiter zu fahren. Nicht ganz ungefährlich mit einem Zweirad in einem fremden Land.
Als nächstes Problem entpuppt sich das Tanken und die Bargeldbeschaffung. Die erst Tankstelle hat gar kein Benzin bzw. 20-Liter-weise aus Kanistern für 40 Euro (keine Kreditkartenzahlung möglich). Das ist uns etwas suspekt und wir fahren erstmal weiter.
Typisch mauretanische Tankstelle. Wir sollten wohl doch mal ein Sand-Fahrtraining machen:
Bei der nächsten Tankstelle sind wir schon auf Reserve und MÜSSEN tanken. Zumindest geht es hier von der Säule (auch hier keine Kreditkartenzahlung möglich) und der erst ausgehandelte Preis von 40 Euro für 30 Liter wäre auch ok. Aber dann will der Tankwart doch 60 Euro. 2 € pro Liter scheint wohl der gängige Touri-Abzockpreis zu sein. Also um so wichtiger die Bargeldbeschaffung… Der erste ATM, den wir finden, akzeptiert nur genau eine aller getesteten Karten – und das auch nur einmal. Wir wählen 10.000 Ouguiya was ungefähr 250 Euro entspräche, bekommen aber nur 2x 500er Scheine. Hat uns der Automat betrogen und 9.000 für sich behalten? Auf der Quittung steht auch auch nur 1.000, passend zum ausgezahlten Geld. Des Rätsels Lösung: hier sind, ähnlich wie im Iran, die gesprochenen und geschriebenen Preise 1:10 auseinander. D.h. geschrieben wird bspw. 5000, gemeint sind 500. Zu einem Schein, wo „500“ drauf steht, sagt man Fünftausend/Five thousand. Im Iran kam es durch die Umbewertung des Geldes 1:10 zustande, die Leute rechnen immer noch mit dem alten Geld und zahlen mit neuen Scheinen. Ob es hier in Mauretanien ähnlich ist, konnten wir noch nicht abschließend klären.
Ja und landschaftlich? Wüste, Sand, Staub, starker Seitenwind, der die Nacken- und Halsmuskeln zum Glühen bringt, Mini-Dünen quer über der Straße, die für uns Motorradfahrer je nach Größe ziemlich gefährlich werden können…
Jeder entgegenkommende LKW hüllt uns in einen Mini-Sandsturm. Dabei nimmt auch das Schutzglas von Chris‘ GoPro Schaden. Sie hat da wohl ein größeres Steinchen abbekommen.
Und heiß ist es! Man könnte meinen, die hohen Temperaturen haben kein marokkanisches Visum bekommen und sich an der Grenze gestaut. Denn hier hat es gleich mal 15-20 Grad höhere Temperaturen!
Und dann geht es los: laufende Polizeikontrollen (allein 6! auf 2km kurz vor Nuakschott 😵) und alle wollen sie einen „Fisch“🙄 Ja wir wissen schon – sie wollen von uns eine Kopie unseres Reisepasses, aber bei der Anzahl von Kontrollstellen wären unsere Kopien von Dokumenten, die wir dabei haben, innerhalb 2h aufgebraucht. Soviel Fische kann man gar nicht dabei haben. Im Auto mit Anhänger vlt. Außerdem stinken die vielen Fische ja irgendwann 😜… Also stellen wir uns dumm und die Kontrolleure müssen sich ihre Kopien selbst machen oder sie winken uns durch, weil sie darauf keinen Bock haben.
Die Straßen sind durchwachsen, gute Abschnitt wechseln sich mit Schlaglochpisten ab.
Noch vor dem Frühstück packen wir die Motorräder und starten gegen 9 Uhr Richtung Grenze. Auf marokkanischer Seite haben wir „nur“ 3 Büros und 2 Endkontrollen zu meistern. Das Niemandsland zwischen den 2 Grenzabfertigung gleicht einer kleinen Offroad-Einlage. Bei der Einreise nach Mauretanien sind es dann ca. 7 Anlaufstellen und eine Endkontrolle – ganz genau können wir es gar nicht sagen, da wir einen Bekannten haben, der an der Grenze arbeitet und uns relativ zügig durch die einzelnen Stationen führt. Inkl. Foto, Fingerabdrücke usw. Das ist natürlich ein unschätzbarer Vorteil, so einen Helfer zu haben, denn schon allein die Reihenfolge der Anlaufstellen richtig mitzubekommen ist nicht einfach.
Aber irgendwann haben wir es gegen 11:30 Uhr mauretanischer Zeit (12:30 marokkanische Zeit bzw. 13:30 in Dtl.) – also nach nur 2h – geschafft und rollen auf mauretanischen Straßen.
Gestern Abend wurde es wieder spät, bis der folgende Tag besprochen, die Fotos grob reduziert und der Blog geschrieben war.
Nach dem Frühstück machen wir einen kleinen Check der Motorräder. Ich habe einen ziemlich hohen Ölverbrauch. Das müssen wir im Auge behalten. Und so kommen wir erst nach 10 Uhr los.
Wir fahren erst einmal auf Dakhla zu, wo es zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Die Strecke dorthin ist eintönig und wieder windig. Das Terrakottabraun der Steinwüste wechselt langsam zu einem hellen Beige. Und zu den allgegenwärtigen Kamelwarnschildern gesellen sich endlich auch einmal ein paar Kamele.
Bei einer kleinen Tank-Mittags-Pause kaufen wir uns ein paar Bananen. Reif und lecker🙂
Als wir gegen 16 Uhr in der Nähe von Dakhla sind, beschließen wir aber noch 2 Stunden Richtung mauretanische Grenze zu fahren. Doch kurz darauf erwischt uns ein richtig starker Sand- und Staubsturm. Die Sichtweite beträgt teilweise nur 5m. Der Wind kommt zwar von hinten, was ja erst einmal besser ist als Gegenwind. Das hat aber einen anderen Nachteil: die Motoren laufen heiß, da die Kühlung durch den Fahrtwind fehlt. Aber die großen Lüfter der Wasserkühlung der Transalps schaffen es dann doch, die Temperaturen im Zaum zu halten.
Mitten im Staubsturm wird auch noch ein Tankstopp fällig. Und wie es der Zufall will, laufen auch noch zwei junge Schweizer auf BMW Sportmotorrädern ein und kurz darauf zwei Italiener auf Reiseenduros. Alle aus dem Senegal kommend. Da ist natürlich ein kurzer Erfahrungsaustausch fällig, auch wenn die Umstände nicht gerade gemütlich sind.
Kurz nach 19 Uhr, nach 715km Tagesetappe, sind wir in Bir Gandouz im Hotel Barbas. Das Hotel ist nicht der Knaller, aber das Essen ganz ok. Außerdem haben wir es morgen nur 90km bis zur mauretanischen Grenze 🙂